Donnerstag, 13. November 2008

Obama, Devotion und schwarz/weiss

Am Freitag stand statt der wöchentlichen Devotion eine Evaluierung auf dem Plan. Es kamen alle Mitarbeiter aus den Projekten von PCM/TLF zusammen:


- das Potters House (Frauenhaus),

- Lerato House (Mädchenheim),

- Yeast City Housing (sozialer Wohnungsbau),

- Inkululeko Creche (Kindergarten),

- Akanani (Obdachlosenhilfe),

- Rivoningo (Aidshospiz),

- SOCA (School Of Creative Arts)

- IUM (“Institute for Urban Ministries” - Ausbildungs Förderung)

- Und das Management Team.

Zum Einstieg wurde, wie immer gebetet. Überaschenderweise wurde dann, mithilfe von Laptop und Beamer, Obamas Siegesrede an die Wand gestrahlt.

Wow, diese Rede. Ich weiß nicht, wer von euch sie gesehen hat, aber mich hat sie ernsthaft beeindruckt.

Nicht nur mich, musste ich feststellen, als wir in Gruppenarbeit darüber sprachen, was Obama über Leadership, also „Führungsweise“ sagte. Ich hatte das Gefühl, viele dachten sich, „wieso haben wir nicht auch so einen Präsidenten? Einen charismatischen, intelligenten und inhaltlich beeindruckenden Mann, der weiss wo es lang geht“.

Vielleicht bekommt ihr mit, was momentan in Südafrika abgeht: Thabo Mbeki wurde abgesetzt (bzw. wurde zurückgetreten ), Zuma hat das Gerichtsverfahren wegen Korruption ohne Konsequenzen überstanden und jetzt haben wir hier einen Präsidenten, dessen Name ich mir nicht merken kann, was schon wieder zeigt wie nicht-präsent er ist. Im Endeffekt warten wir alle auf die Neuwahlen im Januar. Parallel dazu gibt es verschiedene Strömungen innerhalb des ANC (der einzigen großen schwarzen südafrikanischen demokratischen Partei), was wahrscheinlich zu einer Spaltung führen wird. ( http://www.zeit.de/2008/46/ANC )

Hoffentlich, denn bisher wurde der ANC gewählt, weil es keine andere demokratische mehrheitstaugliche Partei der Schwarzen gab und die Macht immer nur weitergegeben wurde, also nix mit „guter“ Opposition.

Tja, und da käme einer wie Obama gerade recht. Vieles liegt hier im Argen in der Politik, Vetternwirtschaft und Korruption machen es schwer, demokratische Strukturen zu etablieren.

In der Zeitung „The Citizen“ wurde Obama zum Beispiel als symbolischer Nachfolger von Desmond Tutu und Mandela gefeiert (aber was hat er mit SA zu tun?). Die Menschen, mit denen ich über die Wahl gesprochen habe, freuen sich sehr, dass der mächtigste Mann der Welt nun dunkler Hautfarbe ist. Wobei ich sagen muss, dadurch, dass ich soviel mit Schwarzen zu tun habe, mir Obama schon wieder relativ weiss vorkommt.

Es nervt mich extrem, dass alle hier in schwarz und weiß trennen. Man kann es den Menschen hier nícht übel nehmen; nach sovielen Jahren der Apartheid. Freunde von mir waren letztens in Botswana und haben erzählt, dass sie ganz anders behandelt wurden(sie kommen vom Dorf, also das Argument Großstadt zählt nicht). Sie wurden viel gastfreundlicher und herzlicher empfangen als sie es hier in Südafrika gewohnt waren.

Oder, ein anderer Bekannter (auch deutscher Weltwärtsler ), ist schwarz und kriegt dieses Land von einer etwas anderen Seite mit: ihm hat jemand erzählt, er möge keine Weißen (was ihm nicht zu verübeln ist, mit der Apartheid als Hintergrund). Als er mir das sagte, wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, dass wir hier sind und dadurch Vorurteile abbauen koennen: und zwar die, von beiden Seiten aus.

Ich hatte letztens ein interessantes Gesprach mit Nthabiseng (16), sie war der Meinung, dass Weisse besser sind, einfach weil sie schlauer sind. Ich war empoert und habe versucht ihr klarzumachen, dass es nur an der Kultur und der Erziehung liegt. Es hat nichts mit Grosse des Gehirns oder whatwhat zu tun...Sie nannte das Beispiel, dass Mugabe in Zimbabwe die Chefs der Goldminen „entlassen“ hat und seit sie in schwarzen Haenden sind, sind diese nicht mehr so produktiv wie vorher. Das stimmt wohl.

Was mich daran irritiert hat, war, dass sie wie selbstverstaendlich die Schwarzen, also auch sich selbst, „unter“ die Weissen gestellt hat. Naja, wir haben dann noch diskutiert, sind aber nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, ausserdem war die Sprache teilweise ein Hindernis fuer uns, weswegen wir uns dann beide dem Schnipseln von Kartoffeln und verschimmeltem Blumenkohl hingegeben haben...(verschimmelt deswegen, weil wir Spenden, abgelaufenes Gemuse, von nem Supermarkt hier bekommen haben.) Hat aber gut geschmeckt und die verschimmelten Parts haben wir weggeschmissen.

Mittwoch, 12. November 2008

Weltweaerts Bericht


Weltwärts Bericht von Clara Fernau


Drei Monate können unglaublich schnell vergehen, musste ich fest stellen, als ich die Nachricht bekam, dass es Zeit für unseren ersten Bericht ist.

Mittlerweile ist viel passiert; von der Abiturientin zur Sozialarbeiterin, in nur wenigen Wochen. Ich wurde gut vom Freundeskreis PCM auf Südafrika und auf meine bevorstehenden Aufgaben vorbereitet, und doch war alles anders, als ich es mir vorgestellt habe.

Ich arbeite nun in einem Heim für Mädchen (Lerato House), die zwischen 13 und 21 Jahren alt sind. Der Aufenthalt im Heim ist nur temporär, denn Ziel von PCM ist es, die Mädchen in ihre Familien zu re-integrieren. Meine Aufgabe ist es nun, mit ihnen die Freizeit zu gestalten, zum Beispiel durch Fußball spielen, Computerunterricht, Gitarrenunterricht oder einfach nur, da zu sein. Vier der Mädchen gehen momentan nicht zur Schule, drei von ihnen, weil sie keinen Platz mehr bekommen haben (aber für das kommende Jahr sind sie schon angemeldet) und Sibongile, die vierte im Bunde, kann nicht zur Schule, da sie u.a. nach der Operation eines Gehirntumors geistig behindert ist. Mit ihnen mache ich vormittags manchmal kleine Unterrichtseinheiten, wie zum Beispiel Bibelunterricht oder einfach nur Textarbeit, damit sie, wenn sie wieder in die Schule gehen, nicht so viel verlernt haben.

Mit Sibongile gehe ich manchmal spazieren, sie liest mir etwas vor oder wir malen etwas. Sie braucht zwar sehr viel Zeit, doch wenn sie eine Aufgabe geschafft hat, strahlt sie und freut sich sehr, was mich wiederum glücklich macht.

Ich bin durch Zufall in dieses Projekt gerutscht, beworben hatte ich mich ursprünglich auf ein Obdachlosenprojekt, doch mir gibt diese Arbeit sehr viel, wenn ich sehe, wie glücklich die Mädchen sind, wenn wir etwas zusammen erarbeitet haben. Als Beispiel der Gitarrenunterricht mit Mmathapelo (18Jahre): Wenn sie nicht gleich die Übung, die ich ihr gebe, schafft, ist sie frustriert und will aufgeben. Doch wenn sie etwas schafft, zum Beispiel den richtigen Anschlag, dann freut sie sich umso mehr, es macht mich auch sehr glücklich, einfach zu sehen, wie sie sich freut.

Mit mir arbeiten noch Inga und Henry im Lerato House, sie sind auch zwei Weltwärtsler, die ebenfalls mit PCM hier sind. Wir verstehen uns ziemlich gut und die Zusammenarbeit verläuft reibungslos.

Während den Ferien haben wir zum Beispiel mit den Mädels eine Foto-Story erarbeitet, was uns allen viel Spaß gemacht hat. Am Anfang haben sie nicht ganz verstanden, um was es uns geht, aber mit der Zeit haben alle an der Geschichte mitgearbeitet, jeder hat eine Rolle bekommen und sich verkleidet. Die Geschichte handelte um ein junges Mädchen, was auf der Straße gelebt hat, doch da gab es einen gruseligen Geist, der von ihr verlangte, dass sie stiehlt, denn sonst käme sie in die Hölle. Dann lernte sie Jacaranda kennen, einen netten Jungen, der sein Geld durch Autowaschen verdient. Schließlich kam noch eine Frau von der Kirche, um die beiden von Gott zu überzeugen, so dass sie gemeinsam den bösen Geist verjagen konnten und schließlich glücklich geheiratet haben. Der Glaube gibt den Mädchen viel Kraft, er hilft ihnen Dinge zu verstehen und sie zu akzeptieren. Außerdem deckt die Geschichte sich teilweise mit der Herkunft der Mädchen

Meine Arbeit bietet mir sehr viel Freiraum, was auf der einen Seite toll ist, da man vieles machen kann (also wenige Einschränkungen), aber auf der anderen Seite steht man unter einem gewissen Druck, da man immer (gute) Ideen haben muss.

Was unsere Arbeit um einiges erleichtert, sind die Spenden aus Deutschland, die ich von Bekannten bekomme. Sonst könnten wir nur Dinge unternehmen, die absolut nichts kosten, aber so war es zum Beispiel möglich, die Fotos für die Fotostory richtig entwickeln zu lassen, was um einiges besser aussieht. Zu der Fotostory muss man leider noch hinzufügen, dass sie letzte Woche von den Mädchen, die nicht dabei waren (da diese nach Hause durften) mutwillig zerstört wurde. Das Gespräch und die Konsequenzen stehen noch aus und der ganze Staff war ziemlich geschockt und bestürzt über den Vorfall. Es zeigt, dass sie es den anderen nicht gönnen, Bewunderung zu bekommen. Da kommt nun meine Rolle als Sozialarbeiterin zum Einsatz. Wie gehe ich damit um? Welche Konsequenzen gibt es für die „Zerstörer“? Und sollen wir die Bilder einfach nochmal ausdrucken oder belassen wir es nun dabei, was wiederum schade für diejenigen wäre, die mitgearbeitet haben? Tja nun, beim nächsten Housemeeting werden wir darüber ausführlich sprechen. Housemeeting gibt es übrigens jeden Montag, um Probleme, Vorschläge oder Erfolge zu besprechen.

Ich habe ca. 5 Kolleginnen, mit manchen verstehe ich mich besser als mit anderen (wie das so ist mit Kollegen) aber es läuft auf jeden Fall gut. Ich bin glücklich, diese Stelle bekommen zu haben, da die Arbeit sehr abwechslungsreich ist und ich mich mit den Mädchen gut verstehe.

Südafrika ist ziemlich anders als Deutschland, aber ich habe mich gut eingelebt (was auch an meinen netten Mitbewohnerinnen liegt), doch ich denke, dass ich in den nächsten gut 9 Monaten noch viiiiel entdecken und erleben werde und bin froh, dass ich hier gelandet bin, obwohl die Großstadt manchmal auch ziemlich stressig sein kann.

Auf meinem Blog halte ich meine Eindrücke relativ regelmäßig fest (offen für alle Interessierte: www.oneyearinlerato.blogspot.com) Ich bin jedenfalls gespannt, was noch auf mich zukommt, aber bisher habe ich es nicht bereut, die Reise angetreten zu haben.