Mittwoch, 12. November 2008

Weltweaerts Bericht


Weltwärts Bericht von Clara Fernau


Drei Monate können unglaublich schnell vergehen, musste ich fest stellen, als ich die Nachricht bekam, dass es Zeit für unseren ersten Bericht ist.

Mittlerweile ist viel passiert; von der Abiturientin zur Sozialarbeiterin, in nur wenigen Wochen. Ich wurde gut vom Freundeskreis PCM auf Südafrika und auf meine bevorstehenden Aufgaben vorbereitet, und doch war alles anders, als ich es mir vorgestellt habe.

Ich arbeite nun in einem Heim für Mädchen (Lerato House), die zwischen 13 und 21 Jahren alt sind. Der Aufenthalt im Heim ist nur temporär, denn Ziel von PCM ist es, die Mädchen in ihre Familien zu re-integrieren. Meine Aufgabe ist es nun, mit ihnen die Freizeit zu gestalten, zum Beispiel durch Fußball spielen, Computerunterricht, Gitarrenunterricht oder einfach nur, da zu sein. Vier der Mädchen gehen momentan nicht zur Schule, drei von ihnen, weil sie keinen Platz mehr bekommen haben (aber für das kommende Jahr sind sie schon angemeldet) und Sibongile, die vierte im Bunde, kann nicht zur Schule, da sie u.a. nach der Operation eines Gehirntumors geistig behindert ist. Mit ihnen mache ich vormittags manchmal kleine Unterrichtseinheiten, wie zum Beispiel Bibelunterricht oder einfach nur Textarbeit, damit sie, wenn sie wieder in die Schule gehen, nicht so viel verlernt haben.

Mit Sibongile gehe ich manchmal spazieren, sie liest mir etwas vor oder wir malen etwas. Sie braucht zwar sehr viel Zeit, doch wenn sie eine Aufgabe geschafft hat, strahlt sie und freut sich sehr, was mich wiederum glücklich macht.

Ich bin durch Zufall in dieses Projekt gerutscht, beworben hatte ich mich ursprünglich auf ein Obdachlosenprojekt, doch mir gibt diese Arbeit sehr viel, wenn ich sehe, wie glücklich die Mädchen sind, wenn wir etwas zusammen erarbeitet haben. Als Beispiel der Gitarrenunterricht mit Mmathapelo (18Jahre): Wenn sie nicht gleich die Übung, die ich ihr gebe, schafft, ist sie frustriert und will aufgeben. Doch wenn sie etwas schafft, zum Beispiel den richtigen Anschlag, dann freut sie sich umso mehr, es macht mich auch sehr glücklich, einfach zu sehen, wie sie sich freut.

Mit mir arbeiten noch Inga und Henry im Lerato House, sie sind auch zwei Weltwärtsler, die ebenfalls mit PCM hier sind. Wir verstehen uns ziemlich gut und die Zusammenarbeit verläuft reibungslos.

Während den Ferien haben wir zum Beispiel mit den Mädels eine Foto-Story erarbeitet, was uns allen viel Spaß gemacht hat. Am Anfang haben sie nicht ganz verstanden, um was es uns geht, aber mit der Zeit haben alle an der Geschichte mitgearbeitet, jeder hat eine Rolle bekommen und sich verkleidet. Die Geschichte handelte um ein junges Mädchen, was auf der Straße gelebt hat, doch da gab es einen gruseligen Geist, der von ihr verlangte, dass sie stiehlt, denn sonst käme sie in die Hölle. Dann lernte sie Jacaranda kennen, einen netten Jungen, der sein Geld durch Autowaschen verdient. Schließlich kam noch eine Frau von der Kirche, um die beiden von Gott zu überzeugen, so dass sie gemeinsam den bösen Geist verjagen konnten und schließlich glücklich geheiratet haben. Der Glaube gibt den Mädchen viel Kraft, er hilft ihnen Dinge zu verstehen und sie zu akzeptieren. Außerdem deckt die Geschichte sich teilweise mit der Herkunft der Mädchen

Meine Arbeit bietet mir sehr viel Freiraum, was auf der einen Seite toll ist, da man vieles machen kann (also wenige Einschränkungen), aber auf der anderen Seite steht man unter einem gewissen Druck, da man immer (gute) Ideen haben muss.

Was unsere Arbeit um einiges erleichtert, sind die Spenden aus Deutschland, die ich von Bekannten bekomme. Sonst könnten wir nur Dinge unternehmen, die absolut nichts kosten, aber so war es zum Beispiel möglich, die Fotos für die Fotostory richtig entwickeln zu lassen, was um einiges besser aussieht. Zu der Fotostory muss man leider noch hinzufügen, dass sie letzte Woche von den Mädchen, die nicht dabei waren (da diese nach Hause durften) mutwillig zerstört wurde. Das Gespräch und die Konsequenzen stehen noch aus und der ganze Staff war ziemlich geschockt und bestürzt über den Vorfall. Es zeigt, dass sie es den anderen nicht gönnen, Bewunderung zu bekommen. Da kommt nun meine Rolle als Sozialarbeiterin zum Einsatz. Wie gehe ich damit um? Welche Konsequenzen gibt es für die „Zerstörer“? Und sollen wir die Bilder einfach nochmal ausdrucken oder belassen wir es nun dabei, was wiederum schade für diejenigen wäre, die mitgearbeitet haben? Tja nun, beim nächsten Housemeeting werden wir darüber ausführlich sprechen. Housemeeting gibt es übrigens jeden Montag, um Probleme, Vorschläge oder Erfolge zu besprechen.

Ich habe ca. 5 Kolleginnen, mit manchen verstehe ich mich besser als mit anderen (wie das so ist mit Kollegen) aber es läuft auf jeden Fall gut. Ich bin glücklich, diese Stelle bekommen zu haben, da die Arbeit sehr abwechslungsreich ist und ich mich mit den Mädchen gut verstehe.

Südafrika ist ziemlich anders als Deutschland, aber ich habe mich gut eingelebt (was auch an meinen netten Mitbewohnerinnen liegt), doch ich denke, dass ich in den nächsten gut 9 Monaten noch viiiiel entdecken und erleben werde und bin froh, dass ich hier gelandet bin, obwohl die Großstadt manchmal auch ziemlich stressig sein kann.

Auf meinem Blog halte ich meine Eindrücke relativ regelmäßig fest (offen für alle Interessierte: www.oneyearinlerato.blogspot.com) Ich bin jedenfalls gespannt, was noch auf mich zukommt, aber bisher habe ich es nicht bereut, die Reise angetreten zu haben.